„Überwundene Angst bringt Freiheit und Verantwortung“ – Stefanie Rösch, 2013

Posts zum Tag "Erhöhte Erregung"

PTBS, Teil 5: Warum fühle ich mich ständig gestresst?

06.10.2013 Veröffentlicht von Definitionen, Erklärungsmodelle 0 Kommentare

Es kann durchaus länger dauern, sich zu konzentrieren, wenn Sie etwas sehr Belastendes erlebt haben. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, lesen Sie den Text wieder und wieder bis Sie ihn verstehen.

Mit den bisherigen Artikeln ging es vorwiegend um das unerwünschte Wiedererleben der belastenden Erinnerung. Die zweite Gruppe der Beschwerden der Posttraumatischen Belastungsstörung wird als „Erhöhte Erregung“ bezeichnet. Darunter fallen Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Reizbarkeit und Wutausbrüche, erhöhte Wachsamkeit und eine übermäßige Schreckreaktion.

Sie haben gelernt, dass eine belastende Erinnerung durch Trigger (Auslösereize) immer wieder aufgerufen wird. Daher kommen die wiederkehrenden Erinnerungsbilder, Körpererinnerungen, Geruchs- und Geschmackserinnerungen und auch Geräuscherinnerungen.

Gleichzeitig versetzt Ihr Limbisches System Ihren Körper wieder in Alarmbereitschaft. Sie erinnern Sich: Ihr Limbisches System ist Ihr Überlebenssystem UND Ihr Warnsystem. Die Bilder zeigen Ihnen WOVOR sie gewarnt werden (Warnsystem) und gleichzeitig bereitet Ihr Körper sich darauf vor, JETZT auf die Gefahr zu reagieren (Überlebenssystem). Blöd dabei ist nur, dass die meisten dieser Warnungen Fehlalarme sind, weil das Limbische System wahllos Reize abgespeichert hat, die einfach schlechte Warnreize sind. Ein Beispiel: Blaue Autos sind nicht gefährlicher als andersfarbige Autos. Farben werden aber häufig als Warnreize abgespeichert und lösen dann jedes Mal, wenn Sie ein blaues Auto sehen, die Überlebensreaktion aus. Die Farbe von etwas ist heutzutage meistens kein guter Warnreiz. Bei einem Verkehrsunfall könnten Regen und Dunkelheit gute Warnreize sein, weil das Unfallrisiko steigt, wenn es Aquaplaning hat und wir in der Dunkelheit schlechter sehen. Alle anderen Teile der Erinnerung an einen Verkehrsunfall sind keine guten Warnreize, lösen aber trotzdem die Überlebensreaktion aus.

Wenn der Körper fast ununterbrochen in Alarmbereitschaft ist, weil Ihr Hirn ständig behauptet: „Achtung, jetzt passiert gleich wieder was!“, dann werden Sie wachsamer sein, um die mögliche Gefahr dieses Mal rechtzeitig zu erkennen. Sie werden Sich umschauen und mögen vielleicht nicht mehr mit dem Rücken zur Tür sitzen. Wenn Sie jemand trotz erhöhter Wachsamkeit überrascht, werden Sie besonders erschrecken. Sie werden nur schwer zur Ruhe kommen und Schwierigkeiten mit dem Einschlafen haben. Wenn Sie dann noch Angst davor haben, Alpträume zu bekommen, wird das Einschlafen erst recht mühsam. Wenn Sie jemand ärgert (Bedrohung), werden Sie möglicherweise schneller ärgerlich und gereizt reagieren als sonst. Sie werden vielleicht auf kleinere Anlässe (Frust/Druck/Kritik/kleine Abweichungen vom Plan oder Ihren Erwartungen) mit einem Wutausbruch reagieren und sich selbst nicht mehr kennen.

Ihre Konzentration, also Ihre Fähigkeit Ihre Aufmerksamkeit zu lenken, ist eingeschränkt, weil Sie ständig auf die Fehlalarme (Wiedererleben/Warnsystem) reagieren müssen und gleichzeitig damit beschäftigt sind, mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen (Wachsamkeit/Überlebenssystem).

Schließlich haben Sie wegen der vielen Fehlalarme einen Haufen Energie zur Verfügung, die Sie nicht benötigen: Jede Menge Bewegungsenergie, die zum Kämpfen gedacht ist.

Die Frage ist also, was tun mit dem Durcheinander? Warnsystem? Überlebenssystem? Was können Sie gegen die Symptome der Erhöhten Erregung, die Sie aufgrund der Fehlalarme habe, tun?

Was tun Sie sonst, wenn Sie gestresst sind? Was hilft Ihnen normalerweise?

Sie können die Symptome bekämpfen in dem Sie zum Beispiel Lavendelduft gegen die Schlaflosigkeit oder Meditation gegen die Übererregung verwenden. Doch im Endeffekt sollten Sie langfristig die eigentliche Ursache der Symptome angehen – Ihre Fehlwahrnehmung von Warnreizen.

Weiter mit PTBS 6.

PTBS, Teil 1: Posttraumatische Belastungsstörung: Was ist das?

28.09.2013 Veröffentlicht von Definitionen, Erklärungsmodelle 0 Kommentare

Ich möchte mit dem heutigen Artikel eine Reihe über die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, PTB oder auch PTSD = Posttraumatic Stress Disorder) eröffnen. Ich werde Ihnen erklären, was wir als Psychotherapeuten darunter verstehen und ich werde Ihnen zeigen, wie ich meinen Klienten die Entstehung dieser besonderen Gruppe von Beschwerden, der wir diesen Namen gegeben haben, erkläre. Außerdem wird es Ideen dazu geben, wie Sie mit einem großen Teil der Beschwerden umgehen können.

Natürlich kann es notwendig werden, dass Sie sich professionelle Hilfe holen sollten. Selbst wenn Sie alle hier vorgestellten Ideen umsetzen, kann es sein, dass es psychologische Gründe dafür gibt, warum eine Übung für Sie nicht funktioniert und keine Besserung eintritt.

Dann kann Ihnen nur eine Fachfrau oder ein Fachmann weiterhelfen, der sich auf die Behandlung dieser Störung versteht. Wie Sie einen solchen finden, habe ich auf meiner Internetseite (TIZ-online.de: Psychotherapeutensuche) beschrieben.

Als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) wird eine Gruppe von Beschwerden bezeichnet, die ein Mensch nach einem belastenden Lebensereignis entwickelt. Dieses Ereignis muss zwei Merkmale erfüllen.

1. Die betroffenen Person wird selbst mit dem Tod konfrontiert oder erlebt, wie jemand Drittes eine Begegnung mit dem Tod oder drohendem Tod hat. Auch ernsthafte Verletzung und sexuelle Gewalt fällt darunter.

2. Die betroffenen Personen erleben charakteristische Symptome wie (1) Wiedererleben, Änderungen in Verhalten (3) und Erleben (Emotionen), Stimmungsänderungen und negative Kognition, Veränderungen der Erregung (2) oder dissoziative Symptome.

In der Folge leidet die betroffene Person unter (1) sich aufdrängenden, unkontrollierbaren Erinnerungen an das Ereignis. Das geht einher mit (2) einer ständig wieder angefachten Stressreaktion, die zu Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und anderen Beschwerden führt. Und weil dies alles so unangenehm und verstörend ist, versucht die betroffene Person, (3) der Erinnerung und allem, was sie erinnert aus dem Weg zu gehen. Wir sprechen auch von (1) Wiedererleben, (2) Erhöhter Erregung und (3) Vermeidungsverhalten. Mehr zu den einzelnen Beschwerden in folgenden Artikeln.

Wenn diese Beschwerden auch 4 Wochen nach dem Ereignis noch andauern, oder aber erst viel später beginnen und dann 4 Wochen lang andauern, sprechen wir von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

Bei vielen Menschen entstehen die Beschwerden innerhalb der ersten Wochen und klingen von alleine wieder ab (siehe: Trauma-Inflation: Ist jeder, der etwas Schlimmes erlebt, traumatisiert?). Erst wenn die Beschwerden länger als 4 Wochen andauern, sprechen wir Psychotherapeuten von einer PTBS und dann wäre es gut und sinnvoll, sich professionelle Unterstützung zu holen.

Sie können jetzt also für sich oder jemanden, den Sie kennen prüfen, ob das Ereignis, das Sie, der oder die erlebt hat, länger als vier Wochen her ist und die anschließend aufgetretenen Beschwerden schon länger als vier Wochen andauern.

Und in Vorbereitung auf die weiteren Artikel können Sie einmal eine Liste mit allen Beschwerden machen, die Sie an sich oder der Person, für die Sie das hier lesen, beobachten können.

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