„Überwundene Angst bringt Freiheit und Verantwortung“ – Stefanie Rösch, 2013

Posts zum Tag "Psychologische Krise"

Krisen bewältigen: Vergangenes akzeptieren, um Kraft für die Gegenwart zu haben

22.04.2020 Veröffentlicht von Lesestoff 0 Kommentare

Sie alle kennen den Spruch oder das Gebet:

Gott gebe mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Dinge hinzunehmen (zu akzeptieren), die ich nicht ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Etwas zu akzeptieren, was ich nicht ändern kann, ist in meinen Augen eine der Lebenseinstellungen, die unglaublich viel Energie freihält, wenn man sie lebt.

Wenn es Ihnen gelingt, bei allem, was Vergangenheit ist zu sagen: „Es ist vorbei. Und jetzt?“, dann wäre alle Lebensenergie dafür frei, sich mit der Gestaltung der Zukunft zu beschäftigen.

Leider spielt die Vergangenheit eine wichtige Rolle für die Bewältigung der Gegenwart und Zukunft. Wir lernen aus der Vergangenheit und bewältigen mit dem Gelernten die Gegenwart und Zukunft. „Leider“ schreibe ich deswegen, weil der dazugehörige psychologische Mechanismus auch schnell gefangen nimmt und wir dann nur noch im Autopiloten leben.

Als Autopiloten bezeichne ich den Teil unserer psychologischen Funktionen, der automatisch abläuft und keine willentliche Kontrolle benötigt.

Dazu gehören Gewohnheiten, viele motorische Abläufe, Reizbewertungen, die in Vorurteilen und Stereotypen enden, und viele Verhaltensweisen, die wir als psychische Störung bezeichnen, also Bewältigungsstrategien für das Leben, die uns krank werden lassen.

Wenn ich in der Lage wäre, Erlebtes zu akzeptieren, es zu analysieren, etwas daraus zu lernen und mich dann der Zukunft zuzuwenden, wäre die Welt und mein Leben in Ordnung. Ich würde meinen freien Willen in Anspruch nehmen und könnte ein erfülltes Leben leben. Der Mechanismus wäre optimal genutzt. Dafür ist Akzeptanz in meinen Augen die Voraussetzung.

Leider – gibt es in unserem Gehirn aber ein paar Schleifen und Mechanismen, die dazu führen, dass wir – sagen wir – in der Vergangenheit „hängen“ bleiben und uns dort im Kreis drehen.

Traumareaktionen scheinen mit so einem Mechanismus zusammen zu hängen.

Das tun sie da, wo wir uns an der Schuldfrage festbeißen. Solange man in „hätte ich doch, …“ oder „wäre es so oder so gewesen, dann ….“ Ergibt man sich diesem Mechanismus und bleibt gefangen in der Vergangenheit.

In dem Moment, wo es uns gelingt zu sagen: „Das ist passiert. Das ist jetzt die neue Situation. Wie gehe ich mit dieser neuen Situation um?“ treten wir aus der Vergangenheit in eine veränderte Gegenwart und Zukunft. Das ist der Augenblick, in dem man seine Freiheit wieder in Anspruch nimmt und für sich nutzt.

Aktuell bedeutet das: Ich kann nicht ändern, dass es Beschränkungen gibt. Ich kann nicht ändern, dass ich keinen Job habe. Ich kann nicht ändern, dass ich diese oder jene Krankheit habe. Ich kann nicht ändern, dass mir das eine oder andere zugestoßen ist oder angetan wurde.

ABER: Ich entscheide, was ich jetzt tue.

Ich akzeptiere die Vergangenheit, das entstandene Leid. Ich würdige den Schmerz und die ausgestandene Angst. Ich drücke meine Wut aus und lasse mich trösten und dann wende ich mich wieder der Gegenwart und der Zukunft zu.

Was will ich JETZT tun? In den nächsten fünf Minuten, in der nächsten Stunde, an diesem heutigen Tag? In Krisen sind manchmal Sekunden und Minuten die wichtigste Zeiteinheit. Ich denke da an Suizidale Krisen. Ich denke an Gewalterfahrungen.

Dann kommen irgendwann die Stunden und dann der nächste Tag. Krisen bewältigen wir einen Tag nach dem anderen. Das wird uns gut gelingen, wenn wir akzeptieren, dass es Dinge gibt, allen voran die Vergangenheit, die wir nicht ändern können.

Deswegen:

Gott gebe mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Dinge hinzunehmen (zu akzeptieren), die ich nicht ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Viel Kraft für Ihren Weg

Ihre Stefanie Rösch

Krisen bewältigen: Wir sind dazu gemacht

30.03.2020 Veröffentlicht von Lesestoff 0 Kommentare

Es gibt einen eigenen Wikipediabeitrag zum Thema psychische Krise. Wen das interessiert, der darf dort gerne nachlesen.

Für mich und meine Klientinnen und Klienten ist eine Krise eine Situation, in der unsere bekannten, üblichen Bewältigungs- oder Problemlösungsstrategien versagen. Das bewirkt im ersten Moment Verunsicherung und, wenn wir die Situation als zunehmend bedrohlich empfinden, Angst bis hin zur Todesangst. Sind wir der lebensbedrohlich empfundenen Situation über einen längeren Zeitraum hinweg ausgesetzt, kommt noch Hilflosigkeit und Ohnmacht zur Todesangst hinzu. Dann schaltet das Hirn einzelne Funktionsbereiche ab (Notabschaltung). Überlebt man diese Erfahrung, kann es sein, dass man hinterher traumatisiert ist.

Es gibt viele Formen und Definitionen von Krisen.

Aber in meinem Empfinden ist all diesen (psychischen/ psychologischen) Krisen gemeinsam, dass wir mit einer Situation konfrontiert sind, die wir als unbekannt und neu wahrnehmen. Weil die Erfahrung neu ist, haben wir den Eindruck, wir könnten nicht damit umgehen. Das betrifft die aktuelle Corona-Krise genauso wie die Krise, die entsteht, wenn ich mich durch einen Kunden bedroht fühle oder bei einem Unfall verletze oder mit jemandem auf engem Raum leben muss, der mir immer wieder Gewalt androht und Gewalt mir gegenüber ausübt.

Eine Krise ist eine gesunde Reaktion

Zentral für mich ist, dass der psychologische Zustand der Krise ein gesunder Zustand ist. Er ist in meinen Augen deswegen gesund, weil wir ihn alle erleben. Wir gehen unterschiedlich damit um. Er dauert unterschiedlich lange, aber als Menschen kennen wir ihn alle: Diesen Moment der Überforderung. Es ist die natürliche Reaktion unseres Hirns und unseres Körpers auf Unbekanntes, auf mögliche Gefahren und Veränderungen, an die wir uns anpassen müssen.

Wir alle haben die Fähigkeit, Krisen gesund zu bewältigen. Wir sind Menschen. Wir sind dafür gemacht. Wir sind anpassungsfähig.

Jede Krise wird bewältigt, indem wir etwas Neues lernen.

Natürlich sind wir in unserem Leben unterschiedlich dabei unterstützt worden, Anpassungsfähigkeit zu lernen und zu üben. Das bedeutet, der eine hat mehr Strategien und die andere weniger. Deswegen kommen wir unterschiedlich gut mit Krisen klar.

Aber im Grunde heißt es nur, dass wir für jede Krise wieder neue Strategien lernen dürfen. Darum soll es in den nächsten Tagen und mit den nächsten Beiträgen gehen.

Konzentrieren wir uns gemeinsam, auf das, was wir tun können: Wir lernen neue Strategien!

Bleiben Sie gesund, werden Sie gesund und schauen Sie wieder vorbei. Ich wünsche Ihnen Kraft in dieser Zeit.

Ihre Stefanie Rösch

PTBS, Teil 1: Posttraumatische Belastungsstörung: Was ist das?

28.09.2013 Veröffentlicht von Definitionen, Erklärungsmodelle 0 Kommentare

Ich möchte mit dem heutigen Artikel eine Reihe über die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, PTB oder auch PTSD = Posttraumatic Stress Disorder) eröffnen. Ich werde Ihnen erklären, was wir als Psychotherapeuten darunter verstehen und ich werde Ihnen zeigen, wie ich meinen Klienten die Entstehung dieser besonderen Gruppe von Beschwerden, der wir diesen Namen gegeben haben, erkläre. Außerdem wird es Ideen dazu geben, wie Sie mit einem großen Teil der Beschwerden umgehen können.

Natürlich kann es notwendig werden, dass Sie sich professionelle Hilfe holen sollten. Selbst wenn Sie alle hier vorgestellten Ideen umsetzen, kann es sein, dass es psychologische Gründe dafür gibt, warum eine Übung für Sie nicht funktioniert und keine Besserung eintritt.

Dann kann Ihnen nur eine Fachfrau oder ein Fachmann weiterhelfen, der sich auf die Behandlung dieser Störung versteht. Wie Sie einen solchen finden, habe ich auf meiner Internetseite (TIZ-online.de: Psychotherapeutensuche) beschrieben.

Als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) wird eine Gruppe von Beschwerden bezeichnet, die ein Mensch nach einem belastenden Lebensereignis entwickelt. Dieses Ereignis muss zwei Merkmale erfüllen.

1. Die betroffenen Person wird selbst mit dem Tod konfrontiert oder erlebt, wie jemand Drittes eine Begegnung mit dem Tod oder drohendem Tod hat. Auch ernsthafte Verletzung und sexuelle Gewalt fällt darunter.

2. Die betroffenen Personen erleben charakteristische Symptome wie (1) Wiedererleben, Änderungen in Verhalten (3) und Erleben (Emotionen), Stimmungsänderungen und negative Kognition, Veränderungen der Erregung (2) oder dissoziative Symptome.

In der Folge leidet die betroffene Person unter (1) sich aufdrängenden, unkontrollierbaren Erinnerungen an das Ereignis. Das geht einher mit (2) einer ständig wieder angefachten Stressreaktion, die zu Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und anderen Beschwerden führt. Und weil dies alles so unangenehm und verstörend ist, versucht die betroffene Person, (3) der Erinnerung und allem, was sie erinnert aus dem Weg zu gehen. Wir sprechen auch von (1) Wiedererleben, (2) Erhöhter Erregung und (3) Vermeidungsverhalten. Mehr zu den einzelnen Beschwerden in folgenden Artikeln.

Wenn diese Beschwerden auch 4 Wochen nach dem Ereignis noch andauern, oder aber erst viel später beginnen und dann 4 Wochen lang andauern, sprechen wir von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

Bei vielen Menschen entstehen die Beschwerden innerhalb der ersten Wochen und klingen von alleine wieder ab (siehe: Trauma-Inflation: Ist jeder, der etwas Schlimmes erlebt, traumatisiert?). Erst wenn die Beschwerden länger als 4 Wochen andauern, sprechen wir Psychotherapeuten von einer PTBS und dann wäre es gut und sinnvoll, sich professionelle Unterstützung zu holen.

Sie können jetzt also für sich oder jemanden, den Sie kennen prüfen, ob das Ereignis, das Sie, der oder die erlebt hat, länger als vier Wochen her ist und die anschließend aufgetretenen Beschwerden schon länger als vier Wochen andauern.

Und in Vorbereitung auf die weiteren Artikel können Sie einmal eine Liste mit allen Beschwerden machen, die Sie an sich oder der Person, für die Sie das hier lesen, beobachten können.

Weiter zu PTBS 2

Trauma-Inflation: Ist jeder, der etwas Schlimmes erlebt, traumatisiert?

24.07.2013 Veröffentlicht von Definitionen 0 Kommentare

Ist jemand, der einen Verkehrsunfall erlebt, traumatisiert? Oder sind alle, die in Winnenden betroffen waren, traumatisiert? Glaubt man den Medien, dann ist das so. Jeder, der etwas Schreckliches, Unvorstellbares wie auch immer Schlimmes erlebt, ist traumatisiert.

Ich sehe das anders: Wer etwas Belastendes erlebt, der erlebt ersteinmal eine psychologische Krise. Das ist ein Ausnahmezustand auf allen Ebenen: in den Gedanken, in den Gefühlen und auch im Körper. Man kann es spüren, weil das Herz schnell schlägt, man fast außer Atem kommt, die Muskeln angespannt sind bis hin zum Zittern und die Gedanken sich um Leben und Tod drehen, man sich ohnmächtig fühlt und / oder große Angst hat.
Viele Ereignisse sind in der Lage, eine solche Reaktion auszulösen, aber die meisten Menschen können gut damit umgehen.

Wenn das Ereignis besonders bedrohlich war, wie eine Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, der gewaltsame Tod eines geliebten Menschen, ein schwerer Verkehrsunfall oder die Bedrohung am Leben durch einen Amoklauf, dann steigt das Risiko, dass ein Mensch diese Erfahrung nicht mehr alleine bewältigen kann. Aber nur das Risiko steigt.

Dem steht entgegen, dass etwa 75% aller Menschen, die einen schweren Verkehrsunfall erleben, das GUT überstehen. Genauso wie etwa 30% aller Frauen nach einer Vergewaltigung damit klarkommen, OHNE eine psychische Störung zu entwickeln.

Entwickelt jemand aufgrund einer belastenden Lebenserfahrung eine psychische Störung, dann spricht man davon, dass die Person traumatisiert ist. Das lässt sich meist erst Wochen nach der Belastungssituation feststellen.

Wenn Ihnen also etwas passiert ist, geben Sie sich die Zeit, mit der Belastung umzugehen und sich an die Veränderung, die dadurch eingetreten ist, zu gewöhnen und sie zu bewältigen. Lassen Sie sich wenige Tage nach dem Ereignis von niemandem einreden, Sie wären traumatisiert. Diese Einschätzung kann nur eine Fachperson vornehmen (dazu gehören qualifizierte Psychotherapeuten und qualifizierte Ärzte) und dazu erst nach 4 bis 6 Wochen. Es ist völlig normal einige Symptome nach einem belastenden Ereignis an sich zu entdecken. Das ist die Art und Weise wie unser Körper und unser Gehirn versuchen mit diesem Erlebnis umzugehen. Geben Sie den beiden die Zeit, welche es zweifelsfrei braucht, das Geschehene zu bewältigen.

Natürlich können Sie sich auch frühzeitig an einen Notfallpsychologen oder Notfallseelsorger wenden, wenn es Ihnen besonders schlecht geht und Sie mehr als 3 Nächte nicht schlafen konnten. Das kann helfen, dass die Krise schneller abklingt und präventiv gegen die Entstehung einer psychischen Störung wirken.

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