„Tja, so ist das Leben. Irgendwann ist jeder mal gezwungen auch die schönsten Pläne zu ändern.“
MacGyver, TV-Serie
Als MacGyver 1987 an den Start ging, war ich 17 Jahre alt.
Spannend. Ich hätte geschworen, dass ich jünger war. Aber Zeitwahrnehmung war
noch nie meine Stärke. Ich bin zeitlos. Sozusagen.
MacGyver hat mir mit seiner Kreativität und seinem Wissen immer sehr imponiert. Ich bin eine Weile lang mit einem Schweizer Taschenmesser herumgelaufen. Bis man sie nicht mehr in Flugzeuge mitnehmen durfte.
Ich habe viel, sehr viel Fernsehen geschaut. MacGyver hat mir beigebracht, dass es für alles eine Lösung gibt und dass Pläne leicht zu stören sind. Es soll noch einer sagen, Fernsehen sei ungesund.
Warum sind Pläne trotzdem wichtig?
Pläne schaffen Vorhersehbarkeit. Wir Menschen lieben Vorhersehbarkeit. Das gibt uns ein Gefühl von Sicherheit und das ist ein Grundbedürfnis. Krisen sind von Natur aus unvorhersehbar, sowohl in ihrem Auftreten wie auch in ihrem Verlauf.
Wir sind Gewohnheitstiere mit lebenslang trainierten Abläufen, inneren Plänen, auf deren Störung wir empfindlich reagieren. Wenn wir unseren täglichen Abläufen nicht mehr nachgehen können, reißt uns das aus unserer Routine. Plötzlich müssen wir wieder bewusste Entscheidungen treffen. Das ist zum einen anstrengender als etwas im Autopiloten zu tun und zum anderen ist die Frage, wie bedrohlich das ist, um was es geht. Wenn mein Lieblingsjoghurt gerade nicht da ist, dann ist es nicht so aufwendig, sich für einen anderen zu entscheiden oder mal einen Tag darauf zu verzichten.
Wenn ich plötzlich nicht mehr arbeiten gehen kann wie gewohnt und dazu noch meine Kinder zu Hause versorgen muss, dann entstehen ganz große Veränderungen, die andere Entscheidungen benötigen, unter Umständen mit weitreichenden Auswirkungen. Das ist anstrengender.
Je schneller es uns wieder gelingt, neue Routinen zu entwickeln, desto entspannter wird das Leben auch wieder. Wie im letzten Artikel zum Thema Krise geschrieben: Wir sind dafür gemacht, Krisen zu bewältigen. Wir sind sehr anpassungsfähig.
Was konkret tun?
Es kann für die Bewältigung der unvorhergesehenen Veränderungen hilfreich sein, sich die Zeit zu nehmen und sich einen neuen Tagesablauf zu planen. Sozusagen am Reißbrett. Einfach mal darüber nachdenken, was Abläufe sind, die sich nicht verändert haben, das machen Sie einfach weiter. Das gibt schon Stabilität. Welche Abläufe haben sich verändert? Wie wollen Sie das, was zu tun ist, in der veränderten Situation tun? Machen Sie sich einen Plan.
Und was ist mit Opfern von Gewalt?
Das Gleiche gilt auch für Krisen, wie man sie erlebt, wenn man Opfer von Gewalt geworden ist oder eine andere lebensbedrohliche Situation erlebt hat. Nach dem Abklingen der körperlichen Reaktion, was ein paar Tage dauern kann, kann es helfen zu schauen, was sich geändert hat und was nicht.
Aus meiner Erfahrung zeigt uns jede Krise, dass wir etwas lernen dürfen. Als Opfer von Gewalt geht es häufig darum zu lernen, wie man noch ein bisschen besser für seine Sicherheit sorgen kann. Das ist der Teil, den man beeinflussen kann. Das Verhalten eines Täters eben nicht und der allein entscheidet, ob er Gewalt verursacht oder nicht.
Auch bei Krisen durch lebensbedrohliche Situationen geht es darum, hinterher festzustellen, dass all die Dinge, die man sonst macht, wenn man sich überfordert und gestresst fühlt, auch weiterhin helfen können. Es mag sich nicht so anfühlen, aber probieren Sie es aus, sollten sie betroffen sein.
Schließlich sind Krisen eine Zeit, in der wir etwas über Krisen und wie wir darauf reagieren lernen. Wir lernen uns selbst besser kennen, zumindest wäre das möglich. Also schauen Sie hin!
Es gibt einen eigenen Wikipediabeitrag zum Thema psychische Krise. Wen das interessiert, der darf dort gerne nachlesen.
Für mich und meine Klientinnen und Klienten ist eine Krise eine Situation, in der unsere bekannten, üblichen Bewältigungs- oder Problemlösungsstrategien versagen. Das bewirkt im ersten Moment Verunsicherung und, wenn wir die Situation als zunehmend bedrohlich empfinden, Angst bis hin zur Todesangst. Sind wir der lebensbedrohlich empfundenen Situation über einen längeren Zeitraum hinweg ausgesetzt, kommt noch Hilflosigkeit und Ohnmacht zur Todesangst hinzu. Dann schaltet das Hirn einzelne Funktionsbereiche ab (Notabschaltung). Überlebt man diese Erfahrung, kann es sein, dass man hinterher traumatisiert ist.
Es gibt viele Formen und Definitionen von Krisen.
Aber in meinem Empfinden ist all diesen (psychischen/ psychologischen) Krisen gemeinsam, dass wir mit einer Situation konfrontiert sind, die wir als unbekannt und neu wahrnehmen. Weil die Erfahrung neu ist, haben wir den Eindruck, wir könnten nicht damit umgehen. Das betrifft die aktuelle Corona-Krise genauso wie die Krise, die entsteht, wenn ich mich durch einen Kunden bedroht fühle oder bei einem Unfall verletze oder mit jemandem auf engem Raum leben muss, der mir immer wieder Gewalt androht und Gewalt mir gegenüber ausübt.
Eine Krise ist eine gesunde Reaktion
Zentral für mich ist, dass der psychologische Zustand der Krise ein gesunder Zustand ist. Er ist in meinen Augen deswegen gesund, weil wir ihn alle erleben. Wir gehen unterschiedlich damit um. Er dauert unterschiedlich lange, aber als Menschen kennen wir ihn alle: Diesen Moment der Überforderung. Es ist die natürliche Reaktion unseres Hirns und unseres Körpers auf Unbekanntes, auf mögliche Gefahren und Veränderungen, an die wir uns anpassen müssen.
Wir alle haben die Fähigkeit, Krisen gesund zu bewältigen.
Wir sind Menschen. Wir sind dafür gemacht. Wir sind anpassungsfähig.
Jede Krise wird bewältigt, indem wir etwas Neues lernen.
Natürlich sind wir in unserem Leben unterschiedlich dabei unterstützt worden, Anpassungsfähigkeit zu lernen und zu üben. Das bedeutet, der eine hat mehr Strategien und die andere weniger. Deswegen kommen wir unterschiedlich gut mit Krisen klar.
Aber im Grunde heißt es nur, dass wir für jede Krise wieder
neue Strategien lernen dürfen. Darum soll es in den nächsten Tagen und mit den
nächsten Beiträgen gehen.
Konzentrieren wir uns gemeinsam, auf das, was wir tun
können: Wir lernen neue Strategien!
Bleiben Sie gesund, werden Sie gesund und schauen Sie wieder vorbei. Ich wünsche Ihnen Kraft in dieser Zeit.
Vielen Dank zunächst für diese wunderbare, informative und umfangreiche Seite!
Mein Ehemann wurde vor 4,5 Jahren auf seiner Arbeit von einem Mann mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Es wurde PTBS diagnostiziert. Er machte eine Traumatherapie.
Nach ein paar Wochen bemerkte er, dass er auf mich und auch seine Freunde zum Teil sehr gereizt reagierte. Seine Therapeutin erklärte ihm das liege an dem generellen Vertrauensverlust durch den Messerangriff. Sie schlug uns eine Strategie vor, wie wir damit umgehen können. Nach wenigen Monaten hatte ich den Eindruck, dass es „erledigt“ war.
Wir hatten eine wundervolle Zeit, heirateten, kauften einen Bauernhof, waren unfassbar verliebt und verbrachten jede freie Minute miteinander.
Seit 2 Jahren fühlte er sich zunehmend durch die kleinsten Kleinigkeiten von mir angegriffen und kritisiert. Er wurde laut und machte mir Vorwürfe ich würde ihn wie ein kleines Kind behandeln. Die Wutausbrüche wurden heftiger, immer mehr ging kaputt. Irgendwann bekam ich richtig Angst vor ihm.
Ich entschuldigte mich oft bei ihm, dachte ich würde ihn in die Wut treiben und versuchte, mich durch Yoga und Therapie so zu verhalten, dass er sich nicht mehr provoziert fühlen musste. Ich dachte alles fünfmal durch, bevor ich etwas sagte. Aber nichts half. Ich gab mir die Schuld an unseren Problemen und daran, dass er sich schlecht fühlte.
Er blieb der Ansicht, dass es an meinem „Ton“ liege und versprach, dass er mich nie verletzen würde. Seine Wut habe sich immer nur gegen Sachen gerichtet. Das sei auch in seiner Jugend schon so gewesen. Wenn er einen Ausraster hatte, brach er hinterher weinend zusammen und beschuldigte sich selbst. Sagte, ich könne ihn gar nicht lieben, so wie er sei.
Dann sagte er mir eines Tages er wüsste zwar noch, dass er mich liebt, aber er könne es nicht mehr spüren. Als ich daraufhin einen Nervenzusammenbruch hatte, legte er mir seine Hand auf die Schulter und sagte „mehr Empathie kann ich für dich leider nicht mehr aufbringen“. Es war so unglaublich schrecklich. Ich dachte, ich bin nicht liebenswert und man kann es mit mir nicht aushalten.
Er sprach die Trennung aus.
Wir unternahmen dann noch einen zweiten Versuch, obwohl ich kein gutes Bauchgefühl hatte. Ich bekam immer häufiger Schübe, in denen mich die Zweifel und Hoffnungslosigkeit übermannten. Ich sagte ihm, dass es mir leidtue und es mir nicht gut ginge und bat ihn, für mich da zu sein und jetzt nicht auch noch wütend zu werden.
Daraufhin machte er mir Vorwürfe, schlug vor, ich solle in eine Klinik gehen oder Medikamente nehmen. Und schließlich flippte er wieder aus.
Ich war entsetzt. Wir trennten uns das zweite Mal.
Wenn wir mal telefonieren ist er völlig emotionslos. Er liebe mich nicht mehr und wäre erwachsen geworden. Dass ich so mit ihm spreche, wolle er nicht mehr. Er werde sich nicht mehr zurück entwickeln und ich könne mich eh nicht ändern, der Ton wäre in mir drin und „ich hätte ja bis zum Schluss nicht anerkannt, dass mein Ton das Problem ist“.
Warum löse ich das bei meinem Mann aus? Warum fühlt er sich nur von mir oder meinem Ton so kritisiert und angegriffen und warum flippt er nur bei mir so aus? Es muss doch alles irgendwie mit mir zusammenhängen!?
Es tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt so viel Zeit weggenommen habe.
Liebe Grüße, G
Liebe Leserin,
ja, das ist eine lange
Geschichte. Ich habe sie sehr stark zusammengefasst und hoffe, dass meine
Antwort für die Leser*innen meines Blogs trotzdem nachvollziehbar ist.
Ich kann Ihnen keine Lösung geben. Aber ich kann Ihnen erklären, wie ich mir die Verhaltensweisen erkläre, die Sie da so schildern: So wie ich es verstehe, stecken Sie gemeinsam in einem Teufelskreis fest, an dem jeder mit seinen alten Verletzungen und eingefahrenen Reaktionen beteiligt ist.
Die Seite ihres
Mannes am Teufelskreis
Ihr Mann sagt, er will seine Wutausbrüche nicht. Gleichzeitig besteht er darauf, dass seine Wutausbrüche vollkommen von Ihrem Verhalten abhängen. Das ist die Argumentation, die Sie beschreiben. Er übernimmt keine Verantwortung für seine Gefühle und sein Handeln hinsichtlich seiner Wut.
In meiner Einschätzung, verwechselt er Sie mit einer anderen wichtigen, nahestehenden Person in seinem Leben, der er einmal sehr ausgeliefert war. Daher die Vorstellung, seine Wut selbst nicht steuern zu können und nicht verantwortlich dafür zu sein. Häufig treten diese Verwechslungen mit Eltern, sorgeberechtigen Personen oder anderen wichtigen Personen auf. Diese sind nicht notwendigerweise vom gleichen Geschlecht. Aber wenn man Betroffene fragt: Woher kennen Sie dieses Gefühl (hier die Wut), dann erinnern sich Betroffene oft an die Situation, mit der die Verwechslung stattfindet.
Diese Verwechslung, bewirkt, dass er Ihre Worte nicht „hört“ sondern auf eine festgefahrene, automatisierte Art und Weise interpretiert als könne er „hellsehen“. Dabei reicht es, dass etwas an dem was oder wie Sie es sagen „ähnlich“ zu dem ist, was er vor langer Zeit erlebt hat.
Was ihm komplett fehlt, ist die Erkenntnis, dass er für seine Gefühle, seine Gedanken und sein Verhalten vollumfänglich und allein verantwortlich ist. Er hat jeder Zeit die Möglichkeit zu lernen, wie er sein Verhalten ändern kann. Es hat ihm nur niemand beigebracht. Dabei geht es nicht um Schuld, sondern darum, dass die Strategien, die er gelernt hat im Umgang mit seiner Wut, heute nicht mehr angemessen sind und er deswegen andere Strategien lernen kann.
Ihre Seite am
Teufelskreis
Sie auf der anderen Seite befinden sich in einem Zustand von „Kindlichem Größenwahnsinn“ (hier ein ausführlicher Artikel aus meinem Blog dazu). Kurzfassung: Sie glauben, Sie wären dafür verantwortlich wie er Reize interpretiert und wie er sich dadurch fühlt. Dahinter steckt die Vorstellung, die Gefühle des anderen steuern (kontrollieren) zu können. Das ist natürlich – in meinen Augen – Blödsinn. Niemand kann für die Gefühle eines anderen verantwortlich sein, weil er keine Kontrolle darüber hat, wie der anderen Verhalten interpretiert und wie er sich in der Folge fühlt. Das zeigen ja Ihre ganzen Bemühungen, „es richtig zu machen“. Nichts davon funktioniert. Selbst wenn Sie es ganz genau so machen, wie er es will, funktioniert es nicht. Das ist der Beweis dafür, dass Sie da ohnmächtig sind und es ganz alleine seine Verantwortung ist, wie er sich fühlt und wie er mit seinen Gefühlen umgeht.
Auch Sie haben in
ihrem Leben Situationen gehabt, die dazu geführt haben, dass Sie gelernt haben,
so mit den Gefühlen anderer umzugehen. Woher kennen Sie solche Situationen?
Ihre Verantwortung ist, ihm die Verantwortung für seine Gefühle zu lassen. Wenn er schlecht drauf ist, dann ist er das eben: Nicht ihr Problem, sondern sein Problem!
Ihre Aufgabe ist, für sich selbst zu sorgen. Das kann sein, in dem Sie sich zurückziehen, wenn er zornt, und so für Ihre Sicherheit sorgen. Oder eine andere Strategie, die Sie sich in einer ruhigen Stunde überlegen können. Wichtig ist, nicht immer wieder gleich zu reagieren, sondern ihr Verhalten zu ändern und davor, ihr Denken zu verändern.
Dass Sie sich ständig
für alles entschuldigen, zeigt, wie ausgeprägt dieser kindliche Größenwahnsinn
ist. Dahinter steckt die irrationale Überzeugung, Sie könnten andere
kontrollieren.
Wenn Sie sich bei mir entschuldigen, weil Sie mir so viel Zeit „wegnehmen“, dann könnte ich Ihnen jetzt beweisen, dass Sie diese Macht nicht haben, indem ich ihnen sage, dass ich ihre Mail nicht beantworte, ja nicht einmal gelesen habe.
Wer entscheidet denn
darüber, ob ich Ihre Mail lese und mir die Zeit dafür „nehme“. Sie
oder ich????
Wenn Sie jetzt
Gedanken haben, die sich darum drehen, dass Sie das entscheiden, dann haben Sie
ein echtes Problem. Wenn Sie sehen können, dass allein ich entscheide, womit
ich meine Zeit verbringe, dann besteht Hoffnung auf Veränderung 🙂 Bleiben Sie
dran!!
Wutausbrüche und
Messerangriff?
Ich sehe die Ursache
für die Wutausbrüche Ihres Mannes in erster Linie in alten Erfahrungen
begründet, die VOR dem Tötungsversuch mit dem Messer liegen. Einfach weil die
Wutausbrüche schon vorher da waren. Die Traumareaktion macht, dass man ständig
Stress hat, was dazu führt, dass man einfach leichter und schneller wütend
wird. Das heißt, die Folgen des Messerangriffs KÖNNEN zu einer Verschlimmerung
des Problems mit der Wut geführt haben, muss aber nicht. Um ihnen dazu meine
Meinung zu geben, habe ich nicht ausreichend Informationen.
Und was können Sie
jetzt tun?
Wenn Sie eine Chance haben wollen, dann ist es meiner Meinung nach notwendig, dass Sie beide lernen Verantwortung für sich zu übernehmen und zwar ausschließlich für sich. Sie beide sind zu 100% verantwortlich für ihr Denken, ihre Gefühle und ihr Handeln.
Diese Überzeugung ist
die Voraussetzung dafür, dass es auf beiden Seiten zu persönlichem Wachstum
(nicht Rückschritt) kommt. Nur dann können Sie ihre Beziehung retten. Es ist
aber keine Garantie. Persönliches Wachstum kann auch dazu führen, dass man anschließend
getrennte Wege geht. Das kann vor allem dann geschehen, wenn nur einer sich um
persönliches Wachstum bemüht.
Insofern kann ich Ihnen nur dazu Mut machen, sich mit ihrem eigenen Anteil am Teufelskreis zu beschäftigen und zu verändern. Wenn Sie sich verändern, besteht eine gute Chance, dass sich die Situation mitverändert.
Ich wünsche Ihnen auf
jeden Fall viel Kraft für ihren Weg.
Leider müssen wir aus gegebenem Anlass die restlichen Termine bis Jahresende absagen. Gerne dürfen Sie sich über das Kontaktformular bei uns melden, dann vereinbaren wir die Trauma-Sprech-Stunde als individuellen Telefontermin.
Verkehrsunfälle können je nach Ausmaß für Betroffene oder
unmittelbar Beteiligte Traumafolgestörungen auslösen. Etwa jede/r vierte
Schwerverletze entwickelt nach einem Unfall eine ernstzunehmende psychische
Beeinträchtigung1. Besonders häufig sind Angstsymptome / Fahrangst,
Depressionen und die Posttraumatische Belastungsstörung.
Es ist nicht nur die Schwere der Verletzung, welche psychische Folgeschäden auslösen kann. Verkehrsunfälle, ohne sichtbare Verletzungen der Beteiligten oder großen Sachschaden, können ebenfalls eine psychische Verletzung zur Folge haben. Das direkte Umfeld kann ohne direkt am Unfall beteiligt gewesen zu sein mit den Folgen zu kämpfen haben. Im Schnitt sind 113 Personen (Familie, Freunde, Polizisten, Feuerwehr, Sanitäter…) von den Folgen eines tödlich ausgegangenen Verkehrsunfalls betroffen².
Betroffene wissen nicht unbedingt, dass ihr Befinden bereits
die Schwelle zu einer psychischen Störung überschritten hat, für die professionelle
Hilfe angezeigt ist. Leider ist der Gang zum Psychologen immer noch mit einem
Stigma belegt, so dass Betroffene keine Hilfe holen trotz ernsthafter Probleme
wie dauerhaften Schlafstörungen, Erinnerungsattacken an den Unfall, plötzlichen
und unerklärlichen Ängsten in Bezug auf das Fahren, nicht mehr als Beifahrer
mitreisen zu können oder keine Überholmanöver mehr zu fahren wie vor dem Unfall.
Hilfe zu holen ist dann oft mit der Vorstellung verbunden, dass man als verrückt
abgestempelt wird. Dabei hat die Psychotherapie in solchen Fällen erstklassige
Therapiekonzepte anzubieten, die schnell Besserung bringen können.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat nun eine äußerst hilfreiche Internetseite online gestellt auf welcher viele wichtige und informative Dienste angeboten werden. Unter www.hilfefinder.de finden Betroffene, oder Angehörige von Betroffenen, übersichtlich aufbereitete Informationen.
Unter anderem bietet das Portal einen
„Trauma-Check“ an. Um in Selbst- oder Fremdbeurteilung mit nachvollziehbaren Aussagen
zu testen, ob man möglicherweise von psychischen Unfallfolgen betroffen ist.
Ebenso kann man sich auf der
Internetseite ausgiebig über Sofort-Hilfe und passende Psychotherapeuten, sowie
über Behandlungsmethoden und psychische Störungen im Allgemeinen informieren.
Was uns an dieser Seite besonders gut
gefällt ist, dass auch über die Rechte von Betroffenen sowie über mögliche
Kostenträger der verschiedenen Versicherungstypen aufgeklärt wird. Es werden
Leitfäden für einen Erstkontakt mit psychologischen Einrichtungen, mit der
Krankenversicherung und Beratungsstellen angeboten. In diesen wird ausführlich
beschrieben was und wie man als Betroffener etwas unternehmen kann, um
möglichst schnell ganz persönliche Hilfe zu erhalten. Wer sich also unsicher
ist, ob er/sie Hilfe suchen soll, findet hier einen guten Start in diese
Thematik.
Psychotherapeuten finden auf dieser Seite
interessante Veröffentlichungen zum Thema Unfallfolgen. Unter dem Reiter
„Forschung“ kann man sich über allgemeine Zahlen und den Stand der aktuellen
Forschung informieren.
Unser Fazit: Tolle, gut strukturierte und informative Internetseite, die Betroffenen einen guten Überblick über ihre aktuelle Situation und Wege aus der Krise aufzeigt. Sie macht Mut und regt zu „Hilfe zur Selbsthilfe“ an.
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1AUERBACH, K. (2014). Psychische Folgen von Verkehrsunfällen. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Unterreihe Mensch und Sicherheit (M 245). Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
Ich verwende männliche und weibliche oder andere Formen so, wie es mir für das Thema angemessen erscheint. Bitte fühlen Sie sich von den Inhalten und Aussagen angesprochen.
Stefanie Rösch