„Überwundene Angst bringt Freiheit und Verantwortung“ – Stefanie Rösch, 2013

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Kommunikation und Trauma: Missverständnisse: Eine Ergänzung zum Video: Warum glaubt mir keiner?

20.04.2020 Veröffentlicht von Kommunikation, Videoinhalte 0 Kommentare

Im letzten Video habe ich über Missverständnisse gesprochen, darüber was es zu bedeuten hat, wenn Betroffene den Eindruck haben, dass man ihnen nicht glaubt. Hier geht es zum letzten Video.

Und hier geht es zum aktuellen Video.

Hier noch ein weiteres Beispiel aus meiner Praxis. Natürlich freue ich mich, wenn die Menschen, die ich begleite, sich mit kleinen Gaben bedanken. Aber einmal ging das so richtig schief, einfach nur aufgrund von Gewalterfahrungen und wie sie das Denken von Betroffenen verändern konnten. Deswegen möchte ich dieses Beispiel heranziehen, um den Mechanismus aufzuzeigen.

Folgende Situation ging den Entwicklungen voraus: Ich war krank und war zu Hause. Sandra (Name geändert) wollte mir einen Kalender zukommen lassen. Da ich schon länger krank war, wollte sie nicht länger warten und wir vereinbarten, dass sie mir den Kalender in die Praxis schicken sollte und meine Mitarbeiterin würde ihn mir dann zu Hause einwerfen, damit ich ihn noch vor dem nächsten Monatswechsel bekommen würde. Weil ich mich nicht meldete und für den Kalender bedankte, fragte Sandra verständlicherweise in der Praxis nach:

Sandra fragte meine Mitarbeiterin: Hat Frau Rösch den Kalender bekommen?

Meine Mitarbeiterin: Ja, ich habe den Kalender eingeworfen.

Sandra fragte bei mir nach: Haben Sie den Kalender bekommen.

Rösch: Nein, noch nicht.

Sandra hatte widersprüchliche Informationen. Irgendwie musste sie sich das erklären. Aufgrund ihrer Lebenserfahrung dachte Sandra, meine Mitarbeiterin lügt. Sprach aber nicht über ihre Vermutung. Tatsache ist, dass alle die Wahrheit sagten.

Wie geht das?

Der Kalender lag noch in meinem Briefkasten. Deswegen konnte ich sagen, dass ich ihn noch nicht bekommen hatte, weil ich noch nicht am Briefkasten war. Ich leere ihn einfach nicht jeden Tag. Ich finde, ein oder zweimal die Woche reicht.

Meine Mitarbeiterin sagte auch die Wahrheit, weil sie den Kalender bei mir eingeworfen hatte. Sie hatte es mir nicht nochmal explizit gesagt, so dass ich nicht wusste, dass der Kalender in meinem Briefkasten lag.

Sandras Annahme, dass meine Mitarbeiterin lügt, hat natürlich ziemliches Durcheinander bei ihr verursacht und unsere Beziehung belastet, indem ihre Gedanken Misstrauen geschürt haben. Auf diese Weise wirken Täter in jede Beziehung hinein.

Ich habe das zuerst gar nicht mitbekommen, weil Sandra nichts gesagt hat. Es dauerte ein paar Tage, bis Sandra alles auf eine Karte setzte und mich danach fragen konnte. Dadurch ging es ihr mehrere Tage schlecht und es dauerte es einfach länger, bis wir das Vertrauen wiederherstellen konnten.

Wie hätte man das anders machen können?

Was macht das Gehirn, wenn es scheinbar widersprüchliche Informationen bekommt? Es sucht nach einer Erklärung. Es bietet die Erklärung an, die es für wahrscheinlich hält. Das hat mit unserer Lebenserfahrung zu tun.

Da Sandra im Rahmen ihrer Gewalterfahrungen vielfach erfahren hat, angelogen zu werden, hielt sie es für wahrscheinlich, dass einer lügt.

Mir vertraute sie mehr, weil wir mehr Zeit miteinander verbracht haben und sie deswegen mit mir schon viele Erfahrungen gemacht hatte, die ihr halfen zu glauben, dass ich es gut mit ihr meine.

Deswegen ging sie davon aus, dass meine Mitarbeiterin sie anlog und nicht ich.

Aber das Vertrauen in unsere Beziehung war nicht groß genug, um den Konflikt sofort anzusprechen. Auch eine Folge der Gewalt.

Wenn sie nicht angenommen hätte, dass einer lügt, dann hätte sie fragen können, wie es zu diesen scheinbar widersprüchlichen Aussagen kommen kann.

Sie hätte einfach sagen können, dass sie die unterschiedlichen Informationen nicht versteht. Sie hätte Fragen fragen können: Ich verstehe das nicht. Ihre Mitarbeiterin sagt, dass Sie den Kalender haben und Sie sagen, dass Sie ihn noch nicht haben. Wie geht das?

Dann würde ich sagen: Dann ist er wohl noch in der Post.

Sandra hätte gesagt : aber Ihre Mitarbeiterin hat vor drei Tagen gesagt, dass Sie den Kalender haben.

Und an der Stelle wäre mir eingefallen, dass er dann wahrscheinlich im Briefkasten liegt, wäre zum Briefkasten gegangen und alles hätte sich in Luft aufgelöst.

Genau so ist es abgelaufen. Allerdings aufgrund der Angst erst zwei Wochen später. Das war für Sandra sehr anstrengend und für mich auch, weil ich gespürt habe, das was anders ist, aber auf meine Fragen auch erstmal keine Antwort bekam, aus lauter Angst, ich könnte mich dann von ihr abwenden.

Was lernen wir daraus?

Fragen ist eine super Strategie. Wenn ich etwas nicht verstehe, entweder eine positive Annahme machen, weil es mir damit besser geht. Oder aber fragen, wie das sein kann, und sagen, dass man etwas noch nicht verstanden hat. Dann kann man miteinander herausfinden, wo das Missverständnis entstanden ist und kann es klären. Und am allerbesten ist es, sofort zu fragen.

Dafür wünsche ich Ihnen viel Kraft, Ihre Stefanie Rösch

4SeN: Du stellst Dich nur an.

10.10.2014 Veröffentlicht von Kommunikation 0 Kommentare

Danke für diesen Satz an eine Leserin des Blogs.

Ich kenne den Satz im Zusammenhang mit der Situation, dass eine Person über längere Zeit krank oder schlecht drauf ist und der Partner anzweifelt, dass die kranke Person alles unternimmt, um wieder fit zu werden.

In meinem Empfinden steht dahinter vor allem die Erfahrung, dass der Sprecher des Satzes selbst keine Hilfe bekommen hat oder ihm oder ihr nicht geglaubt wurde, als es ihr oder ihm nicht gut ging. Jetzt geben sie diese Erfahrung weiter, anstatt zu geben, was sie selbst gerne gehabt hätten. Neid ist wohl der Grund dafür.

Hier eine mögliche Analyse der vier Ebenen:

4SeN_DuStellstDichNurAn

Je nachdem, was Sie hören oder hören wollen, können Sie antworten:

Sachebene: Stimmt nicht. Das ist eine Unterstellung.

Appell: Ich tue, was ich will und auf meine Weise.

Gefühle: Wenn Du ein Problem damit hast, dass es mir nicht gut geht, ist das DEIN Problem. Oder: Ich kann nachvollziehen, dass Du frustriert bist. Das geht mir genauso, ich fände es auch gut, wenn es mir besser ginge.

Beziehung: Wenn es für mich so einfach wäre, würde ich es ändern. Aber ich bin ich und Du bist Du. Also lass es mich in meiner Zeit und auf meine Weise machen. Wenn Du mich dabei so unterstützt, wie ich es brauche, dann geht es vielleicht schneller. Oder: Erstaunlich, dass Du besser weißt, wie es mir geht und was ich denke und fühle. Oder: Es ist Dein Problem, wenn Du mir nicht glaubst, dass es mir schlecht geht.

Sie sehen, es gibt wie immer mehrere Möglichkeiten zu hören und entsprechend zu antworten. Entscheiden Sie selbst, welche diejenige Antwort ist, die für Sie am hilfreichsten ist.

4SeN: Du bist selbst schuld, dass ich …. Dich verletze.

16.03.2014 Veröffentlicht von Kommunikation 0 Kommentare

Noch ein typischer Tätersatz, noch eine Lüge, die dazu gedacht ist, dem Opfer Schuldgefühle zu machen und es dadurch daran zu hindern, Hilfe aufzusuchen und sich zu wehren. Natürlich soll dieser Satz auch Angst vor der angedrohten Konsequenz machen.

Hier eine mögliche Analyse der vier Ebenen dazu:

4SeN_SelbstSchuldSchauen Sie sich diesen Satz gut an!

Sachebene: Der Täter gibt Ihnen die Verantwortung für sein Handeln. Gerade so als hätten Sie ihm gesagt „Bestraf mich“ und er hätte diesen Befehl nur ausgeführt. Aber dem war ja nicht so, oder? Sie haben nicht gesagt „Verletz mich!“ oder „Nimm mir die Kinder weg“ oder sonst irgendeine Drohung, die hinter dem Komma steht. „Du bist selbst schuld, dass ich Dich bestrafen muss.“
Wenn Sie verantwortlich dafür wären, dass der Täter Sie bestraft, dann könnten Sie ja auch entscheiden, dass er das nicht macht. Denn entweder Sie haben Macht über das Verhalten des Täters oder Sie haben keine Macht. Ein bisschen Macht über das Verhalten des Täters gibt es nicht.
Da Sie keine Macht haben, ist diese Schuldzuweisung eine glatte Lüge. Sie ist der Versuch des Täters, keine Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und so zu tun, als wäre er von seinem Opfer abhängig. Das Gegenteil ist die Wahrheit.

Appell: Natürlich will der Täter, dass Sie sich unterwerfen. Er will Ihnen Schuldgefühle machen und darüber Ihr Verhalten manipulieren.

Gefühle: Wie immer muss der Täter Angst haben, dass Sie sich ernsthaft wehren und seine Lügen entlarven. Natürlich ist er wütend, dass er nicht machen kann, was er will. Allerdings hat er kein Recht über Sie zu bestimmen und insofern ist seine Wut der gefährliche Ausdruck seines kindischen Trotzes.

Beziehung: Der Täter spielt Ihnen vor, sein Verhalten wäre zwangsweise von Ihrem Verhalten abhängig. Das ist eine Lüge. Der Täter entscheidet sich für seine Gewalthandlungen. Er hat die Wahl, Sie nicht zu verletzen, aber er entscheidet sich für seinen Vorteil. Sein Vorteil ist, dass er sich mächtig fühlt, wenn Sie sich ihm unterwerfen und tun, was er sagt. Darum geht es, um seine Gefühle.

Um sich selber stark zu machen, können Sie in Gedanken üben, auf diese Lüge zu reagieren (Mentales Traning, Giftige Gedanken):

Sachebene: Das stimmt nicht!!! Das ist eine Lüge!

Appell: Ich habe das Recht, selbst zu entscheiden, was ich tun will. Wenn ich will, dann gehe ich zur Polizei und zeige Dich an.

Gefühle: Du hast guten Grund, Angst vor mir zu haben. Du lügst und begehst Verbrechen. Du hast keinen echten Grund wütend zu sein. Mach es selbst, was Du von mir willst.

Beziehung: Das ist eine Lüge. Ich zwinge Dich zu nichts. Ich habe Dich nicht darum gebeten, mir zu drohen oder mir zu schaden. Du bist für Dein Verhalten voll und ganz selbst verantwortlich. Du tust, wozu Du Dich entschieden hast und nicht, worum ich Dich gebeten habe.

Üben Sie im Kopf auf solche Sätze zu reagieren (Mentales Traning, Giftige Gedanken), damit Sie seine Lügen besser entlarven können. Ich hoffe sehr, dass Ihnen das irgendwann die Kraft gibt, Hilfe zu holen und sich aus diesem Spinnennetz aus Lügen zu befreien.

4SeN: Dir glaubt sowieso keiner

19.02.2014 Veröffentlicht von Kommunikation 0 Kommentare

Das ist eine Lüge die vor allem Opfer von Tätern hören, die ihnen über lange Jahre Gewalt antun. Für diese Menschen ist diese Analyse:

4SeN_DirGlaubtSowiesoKeiner

Schauen Sie sich diesen Satz gut an!

Sachebene: Der Täter stellt eine Behauptung auf, die er nicht beweisen kann. Oft genug versucht er / hat er versucht, Ihnen zu beweisen, dass Ihnen tatsächlich NIEMAND glaubt. Aber das stimmt so nicht. Es ist und bleibt eine unbewiesene Lüge. Es wird IMMER Menschen geben, die Ihnen glauben! Also trauen Sie sich nach Menschen zu suchen, die Ihnen glauben werden. Es gibt sie.

Appell: Der Täter will, dass Sie schweigen. Natürlich will er das, weil er weiß, dass wenn Sie nicht schweigen, er ein Problem hat. Er weiß, dass er in Teufels Küche kommt, wenn Sie Ihr Schweigen brechen. Deswegen versucht er Ihnen ja einzureden, dass es sich nicht lohnt jemandem etwas zu sagen, weil es sowieso niemand glauben wird. Gleichzeitig wird das nicht die einzige Strategie sein, Sie zum Schweigen anzuhalten. Drohungen, vor allem verbunden mit weiteren Gewalthandlungen als „Strafe“, sollen Sie ebenfalls zum Schweigen anhalten.

Gefühle: Der Täter hat Angst. Zu Recht. Wenn Sie das Schweigen brechen, dann hat er ein Problem. Er könnte ins Gefängnis gehen, aber auf jeden Fall werden Sie Unterstützung bekommen, so dass Sie ihm nicht mehr als Opfer zur Verfügung stehen. Auch davor hat er Angst. Schließlich ist jedes neue Opfer ein neues Risiko, erwischt zu werden. Täter haben Angst davor, erwischt zu werden.

Beziehung: Der Täter will Sie klein halten. Er will, dass Sie Sich wertlos fühlen und ausgeliefert. Nur so kann er Sie weiter manipulieren, ihm zu Willen zu sein und zu tun, was er will. Aber im Grunde ist seine Gewalt nur Ausdruck seines eigenen Minderwertigkeitsgefühls. Wer sich groß machen muss, fühlt sich innen ganz klein.

Sagen braucht man zum Täter an der Stelle nichts. Stattdessen suchen Sie weiter nach Menschen, die Ihnen glauben werden.

Gibt es noch andere Sätze, die man Ihnen immer wieder gesagt hat? Schreiben Sie mir einen Kommentar, dann kann ich diese Sätze auch auseinandernehmen.

4SeN: Ich weiß nicht, was ich tun soll

19.01.2014 Veröffentlicht von Kommunikation 0 Kommentare

Kennen Sie die Situation? Sie haben eine Freundin oder einen Freund, die/der Probleme in ihrer/seiner Partnerschaft oder anderen Bereichen seines Lebens hat. Vielleicht hören Sie diesen Satz oder einen sehr ähnlichen Satz nicht zum ersten Mal.

Hier eine mögliche Analyse der vier Ebenen dazu:

Was soll ich tun?Je nachdem, was Sie hören oder hören wollen, können Sie antworten:

Sachebene: Das ist aber blöd oder Ich auch nicht oder Sollen wir zusammen überlegen, was Du tun kannst? oder Was hat denn in der Vergangenheit in einer ähnlichen Situation geholfen? oder Wie hast Du das beim letzten Mal gelöst? oder Wie war das beim letzten Mal?

Appell: Du kannst das und das und das machen oder Ich kann Dir da nicht helfen oder Das musst Du selbst entscheiden, ich kann doch nicht einfach etwas tun? oder Wie stellst Du Dir das vor? Meine Hilfe? oder  Ich kann Dir keine Lösung anbieten, ich habe auch keine oder  Dann wird sich nichts ändern

Gefühle: Das hört sich an, als wärst Du ziemlich überfordert oder  Ich habe den Eindruck, Du bist im Moment sehr hilflos oder  Ja, in der Situation würde ich mich auch machtlos fühlen oder  Das ist echt blöd, sich so hilflos zu fühlen oder  Das ist echt eine schwierige Situation

Beziehung: Dir fällt bestimmt noch etwas ein oder  Du schaffst das schon oder  Du kommst auch ohne mich zurecht oder  Wer könnte Dir denn helfen? oder  Wer hat dir denn in der Vergangenheit schon einmal geholfen?

 

Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten zu hören und entsprechend zu antworten.

Entscheiden Sie wieder selbst, welche der Antworten die ist, die Ihnen am meisten hilft.

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