PTBS, Teil 4: Was tun gegen sich aufdrängende Erinnerungen?
04.10.2013 Veröffentlicht von Stefanie Rösch Definitionen, Erklärungsmodelle, Strategien 2 KommentareWenn Sie Schwierigkeiten haben, sich auf diesen Text hier zu konzentrieren, lesen Sie die Zeilen wieder und wieder bis Sie sie verstehen. Auch wenn es länger dauert. Das kann durchaus sein, wenn Sie etwas sehr Belastendes erlebt haben. Nur Mut!
Mit dem letzten Artikel habe ich Ihnen erklärt, dass Ihre Erinnerungen sich deswegen verselbständigen, weil Auslösereize, auch Trigger genannt, Warnreize (Teile der Erinnerung) in Ihrem Gedächtnis aktivieren, die dazu führen, dass auch der Rest, manchmal nur ein weiterer Teil Ihrer belastenden Erinnerung bewusst wird.
Wenn eine negative Erinnerung besonders real erscheint, wenn Betroffene sich verhalten, als würde alles noch einmal passieren, dann nennt man das Flashback. Das Gehirn kann in diesem Zustand nicht mehr zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden. Dieser Zustand ist für Betroffene besonders quälend und sollte so schnell wie möglich beendet werden. Denn je häufiger die gleichen Wege im Gehirn benutzt werden, desto leichter können diese Nervenverbindungen aufgerufen werden.
Machen Sie sich bewusst, dass wir alle eine innere Zeitmaschine haben. Wir können in der Gegenwart sein, aber auch in die Vergangenheit reisen, wenn wir uns erinnern. Mit Erwartungen, Phantasien, Plänen, Visionen und Zielen können wir in die Zukunft reisen.
Sie entscheiden, in welcher inneren Zeitzone Sie Sich aufhalten wollen.
Grundsätzlich wollen Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder in die Gegenwart lenken. Das gelingt Ihnen, wenn Sie Sich auf die Gegenwart konzentrieren, wie im PTBS 3-Artikel mit der „Hier und Jetzt-Übung“ beschrieben. Manchmal reicht das nicht aus. Vor allem, wenn die Erinnerungen in Form von Flashbacks auftreten. Dann benötigen Sie Reize von außen, die stärker sind, als die belastende Erinnerung im Innen.
Hier ein paar Dinge, die helfen können, wieder in die Gegenwart zurückzukommen, wenn Erinnerungen oder Gedanken an belastende Situationen Sie immer wieder in die Vergangenheit reisen lassen.
Aber Achtung: Das eine oder andere kann triggern. Also testen Sie es in Ruhe aus.
- In der Wohnung herumlaufen und laut alles benennen, was man sieht und hört (Radio einschalten oder Fernseher oder Musik).
- DVD schauen und sich so darauf konzentrieren, dass man jemand anderem von dem Film erzählen kann (wenn Sie wissen, dass der Film nicht triggert). Oder laut alles aufzählen, was man im Film gerade sieht und hört.
- Musik hören und mitsingen.
- Einen Kalender anschauen und das heutige Datum mit aktueller Uhrzeit benennen.
- Sie können in Ihrer Wohnung eine Uhr an Orten aufhängen, an denen Sie öfter in die Vergangenheit rutschen. Dann können Sie auf die Uhr schauen und die Uhrzeit benennen. Idealerweise zeigt die Uhr auch das aktuelle Datum an.
- Aktuelle Fotos von nahestehenden Menschen und Tieren anschauen.
- Ihr Haustier streicheln.
- Etwas wieder und wieder lesen, bis man sich konzentrieren kann.
- Ein Familienmitglied/Freundin/Freund macht die „Hier und Jetzt“-Übung mit Ihnen (Zur ausführlichen Anleitung finden Sie unten einen Link)
- Mit jemandem telefonieren, eMail oder SMS schreiben.
- Einen angenehmen Geruch einatmen (z.B. Parfum oder ätherisches Öl wie Orange, Lavendel oder was immer Sie mögen).
- Pfefferminz-Öl einatmen oder Teebaum oder Eukalypthus. Diese Gerüche sind schärfer und deswegen wirkungsvoller. Entscheiden Sie sich für nur einen dieser Gerüche als Hilfsmittel.
- Sich bewegen, herumlaufen, mit den Füßen stampfen, tanzen, Kniebeugen
- Kaltes Wasser über die Handgelenke laufen lassen bis es weh tut.
- Einen Holzstock, z.B. einen Besenstil auf den Boden legen und ohne Schuhe darauf stehen, bis es an den Fußsohlen weh tut. Aber Achtung: Es besteht Gefahr, mit dem Fuß umzuknicken.
- Chilli-Gummibärchen, Chillischoten kauen.
- Scharfe Bonbons (z.B. WickBlau, Fishermans, IBons-Ingwer/Mango) lutschen.
- Scharfe Kaugummis (z.B. Zimt-Kaugummi, Menthol-Kaugummis) kauen.
- Ingwer-Tee schluckweise trinken. Ein Tee, der Pfeffer und/oder Ingwer (Chai) enthält, kann auch helfen. Lange ziehen lassen, damit er schärfer wird.
- Ammola-Riechstäbchen (Ammoniak mit Lavendel in einer Glasampulle, die mit einem Stoff ummantelt ist.). Sehr stechender Geruch. Ich verwende es mit meinen Klienten, indem wir das Fläschchen in einen Einmalhandschuh fallen lassen, in einem der Finger aufbrechen und dann die Öffnung des Handschuhs an der Nase vorbeiführen. Der Geruch ist sehr intensiv, wenn man in der Gegenwart ist. Deswegen seien Sie vorsichtig damit, wenn Sie innerlich sehr weit weg sind. Funktioniert nicht unbedingt, wenn Sie ein inneres Team haben/ Viele sind. Die Stäbchen bekommt man in der Apotheke.
Haben Sie noch Ideen? Erfahrungen? Schicken Sie mir ein eMail über das Kontaktformular.
Bleiben Sie dran! Sie entscheiden, was Sie denken und wie lange Sie sich mit Ihren Erinnerungen beschäftigen!
Weiter zu PTBS 5.
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