Was ist eine Überzeugung?
Unter einer Überzeugung oder einem Glaubenssatz verstehe ich eine Grundhaltung gegenüber sich selbst oder gegenüber der Welt. Weil das sehr abstrakt klingt, kommen hier ein paar Beispiele für gesunde Überzeugungen:
- Ich kann mein Leben gestalten, indem ich Entscheidungen treffe.
- Ich habe Einfluss darauf, wie es mir geht.
- Die Welt ist ein sicherer und guter Ort.
- Ich kann für meine Sicherheit in der Welt sorgen.
- Ich bin es wert, ein zufriedenes Leben zu führen.
- Ich bin wertvoll und liebenswert.
Ungesunde Überzeugungen sind dagegen:
- Die Welt ist ein durch und durch gefährlicher Ort.
- Ich bin anderen Menschen und deren Entscheidungen ausgeliefert.
- Ich bin wertlos. Ich bin nicht gut genug.
- Ich bin ungeliebt und unwillkommen.
- Der oder die ist schuld, dass ich …..
- Andere bestimmen, wie es mir geht und ich habe darauf keinen Einfluss.
- Ich bin für die Gefühle von anderen verantwortlich.
- Niemand glaubt mir.
- Ich bin eine Last für andere.
Überzeugungen sind also Gedanken, die man in einem Satz zusammenfassen kann. Ein einzelner Mensch hat sehr viele Überzeugungen. Manche Überzeugungen haben wir mit anderen Menschen gemeinsam und manche Überzeugungen unterscheiden uns von anderen Menschen. Das nennt man dann auch „Meinung“.
Überzeugungen beeinflussen unser Erleben, unsere Gefühle und unser Verhalten
Überzeugungen filtern, oder sieben, unsere Wahrnehmungen. Wenn ich die Überzeugung „Ich bin wertvoll“ habe, so verstehe ich das Lächeln der Nachbarin als freundlichen Gruß. Wenn ich die Überzeugung „ich bin wertlos“ habe, so verstehe ich das Lächeln der Nachbarin möglicherweise als spöttisches Grinsen.
So können Überzeugungen das Erleben desselben Ereignisses (Lächeln der Nachbarin) in verschiedene Richtungen lenken, wodurch unsere Stimmung und Sicht auf die Welt beeinflusst werden. Das macht Überzeugungen so mächtig. Umso wichtiger ist es, dass wir uns unserer Überzeugungen bewusst werden, sie überprüfen und entscheiden, welche wir behalten und welche wir durch andere Überzeugungen ersetzen wollen. Wie Sie das machen können, habe ich in der Artikelreihe „Giftige Gedanken“ beschrieben.
Überzeugungen haben eine selbstbestätigende Wirkung
Das ist die Filterfunktion von Überzeugungen: selbstbestätigende Informationen. Filter oder Siebe lassen nur bestimmte Dinge durch. Das kennen Sie vom Abgießen der Nudeln oder von der Maske, die Sie beim Einkaufen oder im Bus tragen müssen. Jeder Filter, jedes Sieb ist so geschaffen, dass es bestimmte Stoffe oder Größen von Teilchen durchlässt und den Rest auffängt oder behält.
Foto von Anna Shvets von Pexels
Wenn ich also aufgrund meiner Überzeugung „Ich bin wertlos“ das Lächeln der Nachbarin als spöttischen Blick verstehe, dann bestätigt der spöttische Blick die Überzeugung „ich bin wertlos“. Ich bin überzeugt davon, dass die Nachbarin deswegen so spöttisch grinst, weil sie mich nicht mag, weil ich ja wertlos bin. Damit wird die Überzeugung immer stärker.
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Aber dass die Nachbarin spöttisch grinst, ist meine Interpretation. Die Nachbarin würde das vielleicht ganz anders sehen, wenn man sie fragen würde, warum sie lächelt.
Wie entstehen diese Überzeugungen?
Überzeugungen sind grundsätzlich erlernt. Alles, was wir gelernt haben, können wir auch wieder verändern, verlernen, neu lernen oder umlernen. Das macht Überzeugungen und die Filter veränderbar.
Können uns Überzeugungen in die Wiege gelegt werden?
Ja, weil auch ein Kind im Mutterleib schon seine Umgebung wahrnimmt und Eindrücke sammelt, die zu Filtern werden können. Das hat mit Genetik erstmal nichts zu tun. Auch die Überzeugungen, die aus diesen frühen Eindrücken entstehen, sind veränderbar. Sie sind oft besonders hartnäckig und schwer zu fassen, aber letztendlich greifbar und veränderbar. Diese frühen Überzeugungen findet man vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Entwicklungstraumata oder der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung.
Überzeugungen können während der gesamten Entwicklung eines Menschen gelernt werden. Je früher im Leben sie entstehen, desto tiefer sind sie in uns verankert. Wenn wir eine Überzeugung von früher Kindheit an haben, dann kann sie als Filter auf unsere ganze Entwicklung Einfluss nehmen. Das macht sie besonders stark, da sie sich über lange Zeit immer wieder selbst bestätigen kann.
Wenn wir glauben, wertlos zu sein, dann macht uns das unglücklich. Jede Bestätigung wird als seelische Verletzung erlebt, weil wir geliebt und geschätzt werden wollen. Wer mehr wissen will, kann meine Artikelreihe „Grundbedürfnisse“ lesen.
Wenn ich über meine gesamte Entwicklung hinweg glaube, ich sei wertlos, verbringe ich eine vollkommen andere Kindheit, als wenn ich glaube, ich sei wertvoll. Wenn ich glaube wertlos zu sein, ist mein Risiko für eine psychische Störung größer als wenn ich glaube, wertvoll zu sein.
Wenn Sie wissen möchten, wie Überzeugungen entstehen und ob sie uns in die Wiege gelegt werden können, dann schauen Sie nächste Woche wieder vorbei. Sie können den vollständigen Artikel auch für 3 Euro hier vorab erstehen und damit diesen Blog unterstützen. Vielen Dank!
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