Ich werde immer wieder gefragt, was im Fall einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) denn besser sei, eine ambulante Traumatherapie oder ein Klinikaufenthalt mit Traumatherapie.
Ganz grundsätzlich bin ich kein Fan von Klinikaufenthalten für PTBS-Betroffene.
Aber natürlich gibt es Umstände, die einen Klinikaufenthalt notwendig und auch sinnvoll machen, genauso wie es Gesundheitszustände von PTBS-Betroffenen gibt, in denen die Gabe von Psychopharmaka oder Schlafmitteln angesagt sind.
Aus meiner Erfahrung haben ganz viele PTBS-Betroffene deswegen Schwierigkeiten in ihrem Alltag zu Recht zu kommen, weil ihr limbisches System ständig „Fehlalarme“ auslöst. Diese Fehlalarme, die zu den belastenden Erinnerungs- und Gefühlsattacken führen, werden häufig durch Reize in der Lebensumgebung ausgelöst/getriggert, z.B. weil der „Tatort“ in der Nähe ist. Wenn Betroffene in eine Klinik gehen, dann sind sie den Auslösereizen/Triggern ihrer Erinnerungsattacken häufig nicht oder deutlich weniger ausgesetzt, allein weil sie sich in einer fremden Umgebung befinden. Die Symptome der PTBS verbessern sich fast von allein. Wenn man dann zurück in die gewohnte Umgebung kommt, dann habe ich schon oft gehört, dass die Beschwerden sich plötzlich wieder verschlechtern, was sehr frustrierend für Betroffene ist. Der Grund ist einfach, dass man den Auslösereizen zu Hause wieder mehr ausgesetzt ist. Und in der Umgebung der Klinik war es wegen der fehlenden Auslösereize nicht möglich, das Hirn darauf zu trainieren, geeignete von ungeeigneten Auslösereizen zu unterscheiden, um dadurch die Erfahrung dauerhaft zu „verarbeiten“.
Deswegen empfehle ich bei einer PTBS aufgrund eines einzelnen traumatischen Erlebnisses lieber eine ambulante Traumatherapie bei einem qualifizierten Therapeuten zu machen, weil dies schnell und zuverlässig zum Erfolg führt.
Klinikaufenthalte sind dann sinnvoll, wenn jemand über einen längeren Zeitraum Gewalt erlebt hat und neben den Erinnerungsattacken noch andere Fähigkeiten nicht lernen konnte, z.B. sich abzugrenzen, Beziehungen zu führen, sich selbst als wertvoll zu erleben oder zu wissen, welchen Einfluss man auf sein Leben hat und wo die tatsächlichen Grenzen des Einflusses sind, den eigenen Körper zu spüren oder eigene Entscheidungen zu treffen. Hier kann ein Klinikaufenthalt einen sicheren Rahmen bieten, in dem man diese grundlegenderen Probleme angehen kann. Menschen, die sehr viel Gewalt erlebt haben, können diese Fertigkeiten manchmal nur im Rahmen eines Klinikaufenthaltes erlernen.
Oder wenn die betroffene Person sich aktuell noch im Einzugsbereich des Täters befindet. Fortschritt ist bei PTBS Patienten oft mit einem Gefühl der Sicherheit und dem „wieder vertrauen können“ verbunden. Sollte der Täter also noch regelmäßig Zugang zu seinem Opfer haben, sollte ein Klinikaufenthalt in Erwägung gezogen werden. Natürlich ist es keine Dauerlösung sich vor dem Täter in der Klinik zu „verstecken“. Parallel zum Aufenthalt in der Klinik sollte dafür gesorgt werden, dass der Täter nicht weiter Kontakt zu der betroffenen Person aufnehmen kann.
Auch die vor allem nach extremer, oft organisierter Gewalt immer wieder auftretende Suizidalität kann ein guter Grund für die Sicherheit eines Klinikaufenthaltes sein.
Gleichzeitig ist es möglich, dass Tätergruppen Betroffene immer wieder mit Klinikeinweisungen und damit bedroht haben, dass ihnen niemand glaubt. Dann können Kliniken selbst zu Auslösereizen/Triggern werden und wären somit nicht hilfreich. Dann wäre es möglich, dass Betroffene den gesamten Klinikaufenthalt „weg“-dissoziiert, also innerlich nicht anwesend, sind und damit therapeutische Angebote wenig effektiv nutzen können.
Im Übrigen geht es bei der Behandlung der PTBS darum, etwas zu lernen. Das heißt als Betroffener muss man viel üben und durchhalten und Mut zeigen, sich mit den belastenden Erinnerungen auseinander zu setzen und auch und vor allem mit der dazugehörigen Stressreaktion und den belastenden Gefühlen. Dafür braucht jeder seine Zeit und einen geeigneten Begleiter. Der richtige Begleiter ist in meinen Augen wichtiger als die Lernumgebung, also die Frage nach Klinik oder Praxis.
Entscheiden Sie selbst, welcher Weg für Sie der passende ist.
Moin, der letzte Satz von Ihrem Bericht, das ist die eigentlich wichtigste Frage überhaupt.
Das Angebot ist so vielschichtig wie undurchschaubar. Die Kliniken und Krankenhäuser,deren Abläufe ich erleben durfte, haben leider nicht dazu beigetragen, das ich ich besser fühle, nein gewiss nicht. Es war leider das Gegenteil. Aber in Ihrem Bericht haben Sie diese Möglichkeit ja auch schon angesprochen, von wegen – Simulant zu sein um auf dem Mitgefühl der anderen Hilfesuchenden, herumzutrampeln. So ist es aber nicht. Wären Ärzte und auch anderes Pflegepersonal in der grosszügigen Lage, sich weiterbilden zu dürfen und hätten diese auch den Wunsch, dieses zu tun, gäbe es womöglich zukunftsweisende – umsichtige, freundliche und kompetente Personen, die wirklich endlich helfen wollen. Zuhören und sehen, sind aus meiner Sicht, mit die wichtigsten Utensilien, welche ein jeder braucht, um einen guten Job machen zu können.
Die Sache mit der richtigen „“ Klinikfinden „“, ist eine ganz andere. 1 Jahr Wartezeit und mehr ?
Und dann stellt sich die Frage ob die Klinik vielleicht doch nicht so geeignet ist.
Was dann ?
Die gesetzlichen Krankenkassen haben auch ihre Kliniken. Private-Anbieter haben ein erweitertes Angebot.
Als gesetzliche Versicherte habe ich keine andere Wahl, oder doch?
Mit fragenden Grüßen. R.Oestrich