Eines der Grundbedürfnisse nach Maslow ist das Zugehörigkeitsgefühl. Das betrifft sowohl unsere kulturelle Zugehörigkeit, wie die Zugehörigkeit zu unseren Familien oder anderen Formen der Gemeinschaft mit anderen Menschen. Der Mensch ist ein Beziehungstier, ein Herdentier, nur selten ein Einzelgänger, der ohne andere Menschen existieren will.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie stark die Verbindung ist, die wir zu unseren Familien haben. Der Sinn für unsere Familie sitzt tief. Selbst wenn Menschen Jahre lang Gewalt durch die Ursprungsfamilie erleben, zieht es Kinder zur Familie. Sie wünschen sich nichts sehnlicher als Liebe und selbst nach Jahren sehnen wir uns nach Annahme, Vergebung und Bedingungslosigkeit – durch die Eltern, Geschwister, nahestehende Menschen.
Zwei Menschen gehen eine Verbindung ein, die anders ist als andere Beziehungen. Mann und Frau oder gleichgeschlechtliche, partnerschaftliche Beziehungen, das spielt keine Rolle. Das Besondere der Beziehung ist entscheidend. Diesen einen Menschen an der Seite zu haben, auf den man sich bedingungslos verlassen möchte, der zu einem steht, einen auffängt und einem den Rücken freihält, egal was man tut. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die sagen diese Form der Beziehung nicht zu vermissen oder nicht zu wollen. Für mich ist das immer wieder schwer nachzuvollziehen. So viel verbreiteter erlebe ich die Sehnsucht nach dieser bedingungslosen, familiengleichen Beziehung.
Was wird nicht alles unternommen, wie wird geworben, gezähmt, verführt, beschenkt oder wie wird sich in partnerschaftlichen Beziehungen unterworfen, gedemütigt und beherrscht. Wie werden Opfer gesucht, bedroht und gewaltsam unterworfen aus Angst vor – unter anderem dem Alleinsein. Wie viele Menschen haben genau davor Angst, vor der Einsamkeit? Sie halten es nicht mit sich selbst aus oder fühlen sich dem Leben nicht gewachsen ohne so etwas wie eine Familie, eine Partnerschaft. Diese eine besondere Beziehung, die wir so oft überfordern und doch so sehr brauchen. Wäre Beziehung nicht so wichtig, würden wir nicht auf Beziehungen angewiesen sein, um unsere Grundbedürfnisse befriedigt zu bekommen, wie einfach und gewaltfrei könnte die Welt sein. Wie gut könnte es uns gehen, hätten wir kein Bedürfnis nach Nähe, nach Zugehörigkeit, nach Partnerschaft oder Gemeinschaft.
So sehr wie der Kampf ums Überleben uns entzweien kann, so sehr brachte und bringt er uns im Angesicht der Katastrophe zusammen. Auch das etwas, das wir alle kennen, vielleicht nur aus der Presse oder von Freunden und Kollegen, wenn man das Glück hatte, noch nie eine Katastrophe miterleben zu müssen, die nur in der Gemeinschaft überlebt und bewältigt werden kann. An allen Ecken und Enden finden wir den Ausdruck dieser Gemeinschaft in der Not. Ob Kriseninterventionsdienste oder Notfallseelsorge. Ob eine gute Freundin oder ein Psychotherapeut. Es wirkt die Beziehung, die echte Beziehung und wir spüren es. Immer wieder treffe ich Menschen, die sich in Beziehungen nicht wohlfühlen. Frage ich nach, stellt sich nicht selten heraus, dass sie das Gefühl haben, ihr Gegenüber würde sich nicht wirklich für sie interessieren. Weiter nachgefragt, woran sie das festmachen, fehlen oft die Worte und macht sich Verunsicherung über die eigene Einschätzung breit. Aber ist es nicht genau das? Das Gespür dafür, wie sich eine Beziehung richtig anfühlt? Auch wenn man es nicht in Worte fassen kann?
Wir wissen, dass wir Beziehungen brauchen, etwas wie Familie, am besten echte, heile und zuverlässige Familie. Wir spüren, wie die Beziehung sein müsste, damit es uns gut geht, auch wenn wir nicht immer in der Lage sind, das in Worte zu fassen. Wir sehnen uns danach, wir suchen sie auf die für uns mögliche Art und Weise. Wir haben einen Sinn dafür, wir können uns in unserer Sehnsucht nach Beziehungen wahrnehmen und wissen, tief in uns, wie es sich richtig, gesund anfühlen würde. Das nenne ich Familiensinn: die Freude an der Gemeinschaft mit der eigenen Familie, die Sehnsucht nach derselben und das tiefe Wissen darum, wie sich gesunde Beziehungen anfühlen. Das gleiche gilt in meinen Augen für den Gemeinschaftssinn. Unser Sinn dafür, dass wir alleine nicht überleben können. Der Sinn, der uns spüren lässt, was notwendig ist, um Gemeinschaft haben zu können, auch wenn es nicht immer die gesündesten oder freiesten Verhaltensweisen sind, die wir dafür im Alltag einsetzen. Doch auch hier bin ich davon überzeugt, dass wir spüren, wie es sich gesund anfühlen würde.
Wo haben Sie gute Gemeinschaft? Wie ist das Verhältnis innerhalb Ihrer Familie? Möchten Sie etwas ändern oder ist es gut so wie es ist? Oder – darf es so sein, wie es ist? Können Sie den Zustand spüren, wie sich eine gute Beziehung für Sie anfühlt? Können Sie das in Worte fassen?
…und wieder dieses beengende Gefühl, den Ansprüchen meiner Partnerin nicht gerecht zu werdenl… Und wieder die Liebe entdeckt, Schmetterlinge zu Tausenden, aber jede Sekunde Händchen halten, schmusen, Kontakt durch Reibung, sie weiss wann ich Feierabend habe und schon klingelt das Telefon, auch mehrmals täglich zwischendurch: „wollte nur mal Deine Stimme hören“, und 6x pro Tag: ich hab Dich sooooo lieb!!! Das ist mir einfach zu viel, schade wenn Liebesbeweise zur Überreizung, allmählicher Abwehr und zu Fluchtverherhalten führen.
Ich möchte meine Partnerin nicht ordnen, massregeln, oder über die Menge definieren. Wie schaffe ich es aber damit umzugehen? Wir sind über 40, 3Viertel Jahr zusammen, danke für Deine Hilfe und Rückmeldung
Guten Tag Adrian,
danke für Ihren Kommentar und die Frage.
Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie sagen Ihrer Partnerin, was deren Verhalten bei Ihnen bewirkt und bitten Sie, weniger zu tun, oder Sie sehen das Verhalten als Ausdruck des Bedürfnisses Ihrer Partnerin und akzeptieren sie so wie sie ist.
Ich glaube, es geht nicht darum, den anderen zu massregeln, sondern in darüber zu informieren, was sein Verhalten mit einem, in diesem Fall mit Ihnen macht. Vielleicht ist es nicht das, was Ihre Partnerin bewirken will, sondern sie tut es, weil sie glaubt, Sie brauchen das. Es gibt eine nette kleine Geschichte, in der ein Paar ein Leben lang frühstückt, indem er die Unterseite der Brötchen nimmt und sie die Oberseite der Brötchen. Er die Unterseite, weil er glaubt, Ihr die Oberseite zu überlassen, weil er die selbst lieber hätte und annimmt, dass es seiner Frau genauso geht. Sie nimmt die Oberseite, weil sie ebenfalls glaubt, ihm damit einen Gefallen zu tun. Letztendlich würde sie lieber die Unterseite essen und er die Oberseite, aber es wird nie darüber gesprochen und so bekommt niemand, was er gerne hätte.
Der Trick ist, über seine Gefühle und Empfindungen zu sprechen.
Eine in meinen Augen großartige Quelle für dieses Problem könnte das Buch von Gary Chapman sein: Die fünf Sprachen der Liebe. Wie Kommunikation in der Ehe gelingt
Vielleicht finden Sie auch da ein paar Anregungen für Ihre Situation.
Herzliche Grüße
Stefanie Rösch